Nepal - Langtang Himal, Gosainkund

 

Nun war mir also ein Guide organisiert worden. Wir trafen uns kurz vor sechs Uhr morgens an der Bushaltestelle an der Ringstrasse, wo die Busse nach Dunche abfahren. Ich musste mich etwas durchfragen, denn so richtig als Bushaltestelle ist das Ganze nicht zu identifizieren. Wie alt wohl diese Dinger sind, die hier auf diesen sich am Abgrund entlang schlaengelnden Matschpisten, mit Spurrillen in denen man stehend verschwinden koennte, sind? Sie sehen aus als waeren sie mindestens dreissig Jahre alt, aber kann ein Bus unter diesen Strapazen so lange fahren? Alles andere funktioniert jedenfalls nicht mehr. So richtig gruselig wurde es, wenn Gegenverkehr im Anmarsch war. Bedrohlich auf die Seite schwankte das rostige Gefaehrt. Einiges wurde mir erspart, da ich immer wieder einnickte, dann allerdings schmerzhaft erwachte, wenn meine linke Schläfe an den Fensterknauf schlug.


Sehr viele, lange Pausen wurden eingelegt. Die Mitfahrenden wollten schliesslich kulinarisch versorgt werden und fuer den Fahrer ist der Ausflug sicher etwas anstrengend. Ganze zehn Stunden waren wir unterwegs.

Erst um 16 Uhr kamen wir im auf nur 1400 m gelegenen Syzbru Bensi an und gingen nur noch fünf Kilometer weiter bis zum Landslide Hotel, das idyllilsch mitten im saftig grünen Dschungel an einem reißenden Strom gelegen ist. Die Wanderwege sind hier perfekt ausgebaut. Es gibt Stufen und ganze Treppen sind in die Berge gebaut. Manchmal muß man über Matschpfützen hüpfen denn es ist immer noch Monsunzeit und regnet teils heftig. Links und rechts des Flusses ragen beinahe senkrecht dicht bewachsene Felsen auf. Lange, mit tibetischen Gebetsfahnen verzierte Haengebruecken fuehren ueber den Fluss. Teils ziemlich neu, vom DAV gesponsert. Alle paar Kilometer kommt man an einer niedlichen Lodge vorbei. Die Einsamkeit der zentralasiatischen Berge lernt man hier missen. Allerdings sind die Lodges wirklich so huebsch, dass man dort gern verweilt, sogar ich.


 




 




Da es gegen sechs zu schuetten begann, richteten wir uns also im Landslide ein, nachdem wir gerade einmal 300 Hm erklommen hatten.

Durch die lange Busfahrt blieben leider nur drei Tage zum Wandern. So ueberlegte ich hin und her, wie es am besten anzustellen waer und entschied mich fuer eine entspannte Tageswanderung zum 17 km und 1800 Hm entfernten Langtang Dorf und einer zweiten Uebernachtung im Landslide. So konnten wir unser Gepaeck zurueck lassen und waren leicht unterwegs. Durch die vielen Aufs und Abs kumulierten die Hoehenmeter zu mindestens 2000. Stundenlang ging es durch praechtig gruenen Maerchenwald, durch Arkaden moos- und farnueberzogener Riesenbaeume. Hin und wieder waren wunderschoene, bunte Blumen am Wegesrand zu bestaunen. Wir legten reichlich Teepausen ein und nach ca. zwei Drittel der Strecke, auf 3000 Hm, nach zehn Kilometern, liess ich Raju, meinen Guide, in Ghoda Tabela zurueck. Hier konnte er sich staerken. Am naechsten Tag lagen 3000 Hm vor uns und ich wollte ihn nicht gleich zu Beginn zerstoeren.





 

Ab ca. 3000 m wurde die Vegetation lichter und ich lief nicht mehr im Wald. Immer noch stuerzten maechtige Wasserfaelle in reichlicher Anzahl auf beiden Seiten zu Tal.

Das Dorf Langtang liegt mit wunderbarer Aussicht auf das von mir durchstreifte Tal auf 3500 m. Was hier gebaut wird, wird alles von Hand selbst gebaut mit Materialien, die zu Tonnen auf den sich kruemmenden Ruecken alter und junger Nepalesen ueber Stunden den Berg hinauf befoerdert werden. Erstaunlich wie sie, unter den Massen an Steinen und schweren Holztueren kaum mehr sichtbar, Schritt fuer Schritt hier hinauf steigen. Meistens wird die Last nur mit einem Band an der verschwitzten Stirn befestigt.

Wolken zogen von unten her auf. Langsam wurde die Temperatur etwas angenehmer. In einem der vielen Hotels trank ich einen Sanddornsaft und machte mich alsbald wieder auf die Socken, denn es war bereits nach zwei Uhr nachmittags als ich oben ankam und wir mussten schliesslich wieder nach unten laufen. Ab 19 Uhr war es komplett dunkel, v.a. unten im Wald und mit der zunehmenden Bewoelkung.

Als ich in Ghoda Tabela ankam trank ich noch einen Tee und wir liefen flink bergab. Gerade so schafften wir es bis punkt 19 Uhr. Kurz hatte ich Angst, Raju verloren zu haben. Nach ein paar Minuten tauchte er dann aber ebenfalls wohlbehalten im Landslide Hotel auf.





 

Zum Fruehstueck gab es Kaffee und frittiertes tibetisches Brot mit Honig. Sehr lecker!

Mit dem Aufbruch zoegerten wir nicht lang, denn wir hatten einen langen Tag vor uns. Ein Stueck ging es zunaechst bergab, bis wir zur Weggabelung kamen. Nun immer nach oben. , oben, oben… Die erste Pause legten wir in einem kleinen, niedlichen Ort namens Syabru ein. Hier wurde gerade „Whisky“ gebraut. Er wird aus einer Mischung aus Mais und Hirse hergestellt die zuvor einem sechsmonatigen Gaerungsprozess unterzogen wird. Auf einem Holzfeuerchen koechelt das Gebraeu. Darueber wird in einer Metallschale der kondensierte Alkohol aufgefangen. Ueber ein Tuch tropft er in die Schale nachdem in einen zweiten, oben aufsaessigen Behaelter kaltes Wasser gegeben wird. Je nachdem wie stark man das Getraenk mag, kann der Prozess oefter wiederholt werden. Wir durften eine leichte Variante kosten. Von dem 40%igen nahm ich eine halbe Liter Flasche mit.





 

Mit Stupas und wassermuehlenbetriebenen Gebetsmuehlen ist der herrliche Weg bergauf gesaeumt. Als ich mich entschied, zu den Seen nach Gosainkund aufzusteigen, wusste ich nicht, dass dies eine Pilgerstaette ist. Es sah einfach schoen aus auf der Karte. 





Anscheinend scheinen die Menschen mit ihrer „Pilgerwanderung“ die Vermuellung der Landschaft zu rechtfertigen und sich vor diesem religioesen Hintergrund ihre egoistischen Verhaltensweisen reinzukaufen. Natuerlich habe ich nichts gegen Buddhisten, aber welche Religion auch immer es ist, bringt das alleinige Streben nach Gottesfuerchtigkeit immer nur Schlechtes ueber die Welt. Hat es immer und wird es wohl auch immer tun. Ich verstehe nicht, wie man in eine, von den Goettern oder dem Gott, Allah oder schlag mich tot, wem auch immer erschaffenen Welt, diese so disrespektvoll mit den Fuessen treten kann. Da gehen die Leute pilgern und zerstoeren dabei das von ihrem „Gott“ Erschaffene auf ruecksichtslose Weise. 



 


Mal wieder sammelte ich Tueten voller Muell. Diesmal war es aber echt zu viel und waehrend ich mit meinem grossen Rucksack, denn ich hatte initial zu zelten geplant, unterwegs war, konnte ich nichts Weiteres mitnehmen. Es sind sogar, erstaunlicherweise, am Wegesrand grosse, steinerne Muellkontainer errichtet. Natuerlich werden diese niemals geleert, aber immer noch besser, als den Scheiss in der Landschaft zu verstreuen. All diese scheinheilige, religioese Heuchelei kotzt mich an. Waere es nicht eine voll tolle Pilgerung, in die Berge zu gehen und Muell zu sammeln, anstelle Gottes Berge damit zu verschandeln?

Stattdessen wird das hoechst egoistische Ziel verfolgt, sich irgendwie reinzuwaschen. Oder was auch immer mit dieser Pilgerung bezweckt werden soll. Sicher meinen es die Leute nicht boese, aber dieses ueberhaupt nicht ueber sein Verhalten nachdenken, ist einfach hoechst dumm. Und nun kann mir niemand erzaehlen, die Leute wuessten nicht, dass Plastik nicht verrottet. Beinahe jeder hat ein Smartphone. Sie wissen wahrscheinlich, welche Fussballmannschaft gerade eben 1000e Meilen entfernt die Meisterschaften gewonnen hat, aber dass Muell nicht in die Berge gehoert wissen sie nicht?

Oben angekommen springen dann die Menschen unter lautem Geschrei in die wunderschoenen, blauen, in gruene Huegellandschaft eingebettete Seen. Dafuer sind eigens kleine Badeplattformen eingerichtet. Warum die Leute allerdings dabei so einen Laerm veranstalten muessen ist mir ebenfalls schleierhaft. Sollte man doch eigentlich da oben die Ruhe geniessen. Aber vielleicht sind meine Ansichten auch einfach falsch und die Ruhe ist dazu da, durchbrochen zu werden. Ich fand es jedenfalls ziemlich laestig. 




Gosainkund ist eine Ansammlung kleiner Lodges und zeltfoermiger Gebilde am Ufer zweier Seen auf ca. 4400 m. 




Als wir gegen sechs Uhr abends ankamen, war es wolkig und die Wolkendecke zog gerade so ueber die Seen dahin, dass ich kurze Blicke darauf erheischen konnte. Nachdem die Landschaft bisher, v.a. auf Grund der ueppigen Vegetation, sehr von unseren Alpen differierte, sah es nun beinahe heimatlich aus oder auch wetterbedingt etwas schottisch. Tatsaechlich haette ich hier irgendwo mein Zelt aufschlagen koennen, aber, da ich nun einmal in Begleitung war, sollte die Gelegenheit nicht ungenutzt bleiben uns an dem mitgebrachten Whisky zu laben.

Natuerlich ist hier oben alles etwas teurer, so traf es sich ganz gut, dass ich diese Flasche Rakzi erworben hatte. Das Dal Bhat war wieder mal ein Gaumenschmaus. Sobald man den Teller halb leer gegessen hat kommt wieder jemand und verteilt Nachschlag, solang bis man platzt.

Am naechsten Morgen gingen wir gemeinsam zu einem nur 300 m weiter oben gelegenen Aussichtspunkt. Es dauerte eine Weile bis sich die waehrend des Aufstiegs aufgezogenen Wolken wieder verzogen hatten. Dann aber tat sich Richtung Norden ein unglaublicher Blick ueber das Langtang Tal hinweg auf die hohen, schneebedeckten Himalayaberge auf. In der Wolkendecke zeichnete sich ein Halo ab. Die Seen versteckten sich scheu unter den Wolken. Als wollte man ein wildes Tier fotografieren musste man hier recht flink am Ausloeser sein, wurde doch der Blick immer wieder verhuellt. Es war traumhaft schoen.













Nachdem wir wieder abgestiegen waren blieb Raju in Gosainkund, ich lief zum Laurebinapass auf 4700 m. Leider waren nun die Wolken so dicht, dass ich dort oben eine Sichtweite von vielleicht 200 m hatte. An einigen weiteren Seen kam ich vorbei, sah sie aber kaum. Auf dem Rueckweg sammelte ich Massen an Muell ein, kam aber rechtzeitig zurueck zum See, um kurz baden zu gehen, mit Raju einen Tee zu trinken und dann puenktlich 12 Uhr nach unten aufzubrechen.


Es war ein langer, langer Abstieg. In Chalangpati auf 3600 m pausierten wir. Bereits am Vortag, waehrend des Aufstiegs hatten wir hier einen ueberaus leckeren Mustang Kaffee genossen. Wobei Kaffee eine etwas verwirrende Bezeichnung ist, denn dieser ist in dem Gebraeu nur in homoeopathischen Dosen enthalten. Es ist Schnaps mit geröstetem Reis und Yakbutter. Zwar hatte ich erst nach dem (insgesamt) dritten Mustang Kaffee erfahren, dass es sich bei der öligen Zutat um Yak-, bzw. Nakbutter handelt, lecker war es aber trotzdem. Irgendwie schmeckt es ueberhaupt nicht nach Butter. Von meinem Guide habe ich etwas sehr Wichtiges gelernt: das weibliche Yak heißt nicht Yak, sondern Nak! Yaks geben demzufolge keine Milch!


 



Der Alkohol erschwerte den Abstieg wesentlich weniger als den Aufstieg am Vortag. Nun ging es zunaechst seicht bergab bis Sing Gomba auf 3300 m, wo Raju ein ueppiges Mittagessen bekam und ich weiter an meinen leckeren Brotfladen aus Kathmandu arbeitete.

Wirklich unglaublich wie viele unzaehlige Stufen in diesen steilen Berg gearbeitet wurden. Es ging soweit und so lange bergab, dass ich schon befuerchtete, wir wuerden den Fluss, den wir laut Karte ueber eine Bruecke zu ueberqueren hatten, weit unterlaufen.

Kurz vor dieser letzten Haengebruecke stuerzte ein wilder Wasserfall in eine sich verengende Schlucht. Zu beiden Seiten ragten senkrecht die gruen ueberwucherten, 1000e Meter hohen Felswaende auf. Es war ein zauberhafter Ort.



Nun war es nicht mehr weit bis Dunche und alsbald fanden wir aus dem Ueberangebot aus Hotels eines heraus vor dem schon der Bus parkte, in den wir am fruehen Morgen des naechsten Tages einsteigen wollten, um die endlose, aufruettelnde Fahrt zurueck nach Kathmandu anzutreten.

Eingestellt von Katrin

3 Kommentare:

  1. Wieder super Bericht über Nepal! Liebe Grüße aus der " müllfreien " Schweiz. Bin gerade in Silvaplana. LG Franz

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  2. Die Bilder sind wieder Klasse, Gott sei Dank ohne den von Dir beschriebenen Müll. Den sehen wir ja auch zu Hause genug.

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  3. Sehr schicke Bilder wieder, ich freue mich für Dich, und wünsche Dir, dass all Deine Wünsche nach weniger negativen Emissionen, egal auf welchem Sinneskanal empfangen, in Erfüllung gehen. Ich habe vorhin nach dem Laufen sechs Bierdeckel von einer Geburtstagsparty aufgelesen vom Sport- und Kinderspielplatz ... Gruß Stephan

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