Norwegen - (fast) perfektes Radelwetter von Vikoyri bis (zum Schluss) Kristiansand

 Und schon ist es vorbei. Aktuell sitze ich in der Stadtbibliothek von Rostock.

Von Vikoyri aus ging es tatsächlich sehr gemächlich und schneller als auch einfacher als gedacht, immer mal abgelenkt von bunten Regenbogen, hinauf bis auf über 1000 m. Unterwegs wurde ich am Pass, vor Einfahrt in den Tunnel, von einem thüringer Pärchen zum Kaffee eingeladen. Der Tag begann sonnig und auch später regnete es nur ein bisschen.



So einsam wie ich mir die DNT Hütte (Malsethytta) dort vorgestellt hatte, war sie jedoch nicht. Von der Uni Bergen aus wurde für die bergbegeisterten Studenten ein Outdoorfestival veranstaltet mit 70 erwarteten Gästen. Es regnete immer noch und ganz so viele Leute waren am ersten Tag noch nicht eingetroffen. Sie kamen aus allen möglichen Ländern der Welt. Alles sehr nette junge Leute, daher ließ es sich trotzdem gut aushalten und ich verbrachte einige Zeit mit ihnen draußen am Lagerfeuer.

Am nächsten Morgen war Sonnenschein angesagt, gab es aber nicht. Erst im Verlauf des Vormittags ließ der Regen wieder nach. Zum Radeln jedoch ganz gut, nicht so zum Fliegen.



Und natürlich kann man alles, was man fleißig nach oben geradelt ist, auch wieder hinab sausen.

vorbei an einigen monströsen Wasserfällen.

Noch eine Fährüberfahrt und dann 40 km entlang des von Apfel- und Pflaumenplantagen gesäumten Sjorfjorden und schon war ich, nach über 140 km an diesem Tag, in Odda, dem Eingang zum Folgefonna und Hardangervidda NP. An frischem Obst gab es niemals einen Mangel. Sogar Himbeeren waren noch zu finden.

Zum Fliegen braucht man verschiedene Dinge. Das Wetter passte nun. Wind war hervorragend angesagt für den kommenden Tag. Man braucht aber auch einen geeigneten Berg mit Startplatz und natürlich zum Schluß auch einen Landeplatz sowie einen Wanderweg nach oben, denn ohne kommt man schlecht durch Gebüsch und Sumpf. All das war gegeben auf dem Weg nach Holmaskjer.



Als Landeplatz wählte ich das Fußballstadion der Schule das ich sogar am Abend meiner Ankunft in Odda noch besuchte, um auszuchecken, wie es sich eignet. Perfekt! Drei Stunden Aufstieg am nächsten Morgen brachten mich auf den tief vergletscherten Berg. Der Weg bis zur Hütte, die oben auf dem höchsten Punkt steht, verläuft jedoch nur über ein paar Schneefelder nicht auf dem Gletscher selbst. 


Mir kam sie irgendwie bekannt vor. Dort war ich 12 Jahre zuvor schon einmal. Was für ein Zufall. Bis zur Hütte bin ich allerdings nicht gelaufen da sich der, zugegebenermaßen etwas suboptimale Startplatz, auf dem Hügel davor befand.

Unglaublich wie sich die Leinen in den kleinsten Flechten verfangen. Beim dritten Versuch klappte es dann aber und es ging erst über den Gletscher, dann über einen tief eingeschnitten im steilen Fels unten liegenden Stausee hinaus über den den See verlassenden Wasserfall über das Fjord, entlang steiler Felswände deren Aufwinde mich immer wieder sanft anhoben, bis über den Ort hinaus. Einen kleinen Ausflug machte ich noch über den nächsten Stausee an dem ich zwei Tage später entlang radeln wollte mit tiefen Einblicken in das Nachbartal und auf weitere Gletscher. Die Landung war hervorragend und niemand hatte, wie ich befürchtete, etwas dagegen, dass Gleitschirmflieger dort landen. Im Gegenteil. Die Schüler (es war Sonntag) kamen gleich an und meinten in perfektem Englisch, dass sie sowas auch mal machen wollten. Es war ein hervorragender Flug. Ein perfekter Abschlußflug wie sich herausstellen sollte. Er dauerte bestimmt eine halbe Stunde. Ein schöner Tag!

Aber es war noch zeitig. Ohne jede Hast konnte ich, mit Zwischenpause in einem Café in dem es veganen Kuchen gab, den letzten Shuttlebus zum Trolltunga Wanderweg nehmen. Eigentlich hatte ich gar nicht geplant, Trolltunga zu besuchen, hatte nur zufällig in der letzten Bibliothek herausgefunden, dass es direkt neben Odda liegt.

Der Wanderweg war, trotz fortgeschrittener Stunde,  komplett überfüllt mit Menschen. Man kann sogar noch weiter nach oben fahren, was die allermeisten auch so tun. Ich präferierte allerdings, den Weg zu Fuß zu nehmen.

Es war ja nicht weit und noch bis um neun hell. Glücklicherweise gingen fast alle in die entgegengesetzte Richtung. Und natürlich hat es ja einen Grund, dass solche Menschenmassen dort oben sind. Der Ort ist wirklich bezaubernd. Fast pünktlich zum Sonnenuntergang kam ich an. 


Ein wenig erinnerte mich die Landschaft an den Grand Canyon in Arizona, auch wenn der Stausee kein Fluß ist und die steilen Wände nur einen Bruchteil der Ausmaße im US amerikanischen NP annehmen.






Mein Nachtlager schlug ich direkt unterhalb des über den Abgrund ragenden Felsbrockens auf. Zelt, Isomatte und Kocher hatte ich zurückgelassen. Da ich im Rucksack meinen Gleitschirm trug, hatte ich nur den Schlafsack und etwas zu knabbern mitgenommen. 




Schon kurz nach sechs Uhr morgens gab es die ersten Fotoshootings auf dem Trolltungafelsen und ich machte mich schnell aus dem Staub. Nicht wie (fast) alle einfach den gleichen Weg zurück, sondern weiter, einmal um den Stausee, den Ringeldalsvatnet, herum. Der Weg ist ca. dreimal so lang, aber recht eben und einmal dem Touristentrubel entkommen, trifft man dort oben niemanden mehr. Es war herrlich. Von morgens halb sieben bis nachmittags um fünf habe ich wirklich keine Menschenseele angetroffen, dafür hunderte Lemminge. Eines dieser possierlichen Tierchen ließ sich sogar fotografieren. 








Erst beim Abstieg vom höchsten Punkt, vom 1450 m hohen Moyfallsnuten, traf ich auf zwei weitere Wanderer, danach bis nach Odda wieder niemanden. Zwischendurch versuchte ich, meinen Gleitschirm zum Einsatz zu bringen, verlor jedoch recht viel Zeit, da es leider nicht klappte. Erst halb neun Uhr abends erreichte ich den Ort und nächtigte erneut auf dem Parkplatz am Beginn des Wanderweges zum Folgefonna NP. Übrigens ist Odda trotz der erstaunlicherweise überhaupt nicht stinkenden Zinkfabrik eine der angenehmsten Städte Norwegens, die ich auf meiner Reise besucht habe.

Die zwischenzeitlich aufgezogenen Wolken übergossen nächtens wieder mein Zelt mit reichlich Wasser. 

Von Odda sollte es mit dem Fahrrad wieder hoch hinauf gehen. Zwei Pässe oberhalb 1000 m standen auf dem Programm, insgesamt 1500 Hm. Dabei konnten die Tunnel auf wenig befahrenen Straßen umradelt werden. Die ruhigeren Straßen und die angenehmen Temperaturen, zusammen mit etwas Niesel, machten die Anstiege sehr angenehm. 





Pünktlich beim Erreichen des Nachtlagers begann es erneut zu regnen und wurde auch ganz schön stürmisch. 


Nur 17 km radelte ich fast eben am nächsten Morgen und war schon gegen neun in der Haukeliseter Hütte. Die größte Hütte des DNT. Zwar direkt an der viel befahrenen E 134 gelegen, aber nun, schon außerhalb der Saison, nicht als überlaufen zu bezeichnen. Eigentlich wollte ich nur einen Kaffee trinken und mein Handy laden. Dem leckeren Frühstücksbuffett konnte ich allerdings nicht widerstehen und als ich da so saß, den pessimistischen Wetterbericht studierte und dann auch noch herausfand, dass es an der Hütte die Saune mit der besten Aussicht Norwegens gibt, beschloss ich, den Rest des angebrochenen Tages dort zu verbringen. 
Bei meinem letzten Startversuch hatten sich meine Leinen so verheddert, dass ich die Ruhe brauchte, sie wieder entwirren zu können. 
Auch wäre es sehr schade gewesen, diese wunderschöne Landschaft ohne Sicht zu durchradeln. Zumal ab dem kommenden Tag für mehrere Tage in Folge Sonnenschein vorausgesagt war.
Tatsächlich stellte sich dieser im Laufe des Vormittags auch ein. Zum Fliegen blieb es aber windtechnisch ungut. Mit meinen 13 hervorragenden Flügen war ich aber sehr zufrieden und ließ es nun einfach auf sich beruhen.
Irgendwie hatte ich auch genug vom Fahrradfahren. Das heißt, nicht direkt vom Fahrradfahren, das macht schon Spaß, aber ich hasse Autos und Verkehr und mit der Tatsache, dass ich mich eigentlich ständig in der Zivilisation befand, konnte ich mich irgendwie nicht anfreunden.
Daher beschloß ich, die letzten 200 km oder so das radelfreundliche Wetter auszunutzen nach Kristiansand und damit an den Endpunkt meiner Reise zu gelangen.
Von Haukeli aus war der Radweg wieder gut markiert und wurde als norwegischer Radweg 3 fast zu 100 % an der Hauptverkehrsstraße 9 vorbei geleitet, teilweise auf Schotterpisten aber fast immer gut fahrbar, auch wenn es in den kleinen, kurzen Tunneln teils dunkel wie im Bärenpopo war. 
Nach Hovden ging es nochmal ein kleines, letztes Stück bergauf. Der Rest der Route durch das schöne Setesdal bis zur Fähre war ziemlich eben und nach eineinhalb Tagen durchradelt.
Auf dem 1180 m hohen Storenos bei Hovden

vorletzte Nacht in Norwegen in Hovden.
Es sieht nun wirklich schon ziemlich herbstlich aus.
Richtung Süden flachte die Landschaft immer mehr ab. Die Berge waren niedriger, die Waldgrenze höher. Startplätze gab es nun nicht mehr und windig war es immer noch.





Früher als erwartet kam ich in Kristiansand am 07.09.2024 am frühen Nachmittag an.

16:30 Uhr ging die Fähre und schon am Abend war ich zum Sonnenuntergang am dänischen Strand.
Die letzten langweiligen 60 km radelte ich am nächsten Morgen. Rein landschaftlich hätte man sich auch irgendwo in Sachsen-Anhalt oder Nebraska wähnen können. Es gab wirklich nichts Spannendes zu sehen, also nix wie weg hier. Ab Aalborg nahm ich den Flixbus nach Rostock, wo ich einen Freund besuchte und ab da die wieder einmal, trotz dreier Umstiege, auf die Minute pünktliche Bahn. Alles klappte hervorragend. 
Vielleicht hätte ich noch etwas mehr Zeit im Hardangervidda NP verbringen sollen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, nicht wirklich viel getan zu haben. Eigentlich saß ich ja fast jeden Tag den ganzen Tag nur rum, wenn auch auf dem Fahrrad. Dafür habe ich jetzt eine ganz gute Idee, wo man in Norwegen am besten im Frühjahr Skitouren gehen könnte.
Allerdings gibt es für mich einen einzigen Vorteil beim Radtouren. Täglich kommt man vorbei an verschiedenen Supermärkten mit sehr gutem WLAN (dies nicht der Vorteil) wo es (fast immer) vegane Eiscreme gibt. Für mein nächstes Vorhaben wurde ich angehalten, Gewicht zuzunehmen. Eifrig versuchte ich dies und aß annähernd jeden Tag einen halben Liter Eis. Der Erfolg blieb allerdings aus. Schon der Versuch allein aber war ein angenehmes Unterfangen.

Eingestellt von Katrin

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