Norwegen: Skidurchquerung Reinheimen NP

Wintermärchen in der Wildnis des norwegischen Reinheimen NP



Seit Mitte Januar 2023 habe ich frei, da ich dieses Jahr eine längere Reise nach Asien geplant habe. So konnte ich spontan zusagen als mich mein Freund Peter aus dem idyllischen Weiler im Allgäu fragte, ob ich Lust hätte, mit nach Norwegen zu kommen. Er ist erfahrener Bergführer und betreibt die Alpinschule Allgäu, nicht weit von meinem vorherigen Wohnort Lindenberg. Jährlich im Frühjahr lädt er ein zu genußreichen Touren im Wintermärchenland Norwegen mit Unterkunft im prämierten Juvet Landscape Hotel. Für mich eigentlich zu viel Luxus, aber da ich gern mit Peter zusammen bin und immer viel von ihm lernen kann und seine Führungsqualitäten als Bergführer sehr schätze, sagte ich zu.

Zunächst gelang es mir nur, eine Hinfahrkarte zu kaufen. Die Rückfahrt schien ausgebucht und ich ließ sie vorerst offen. Das Datum fiel auf Ostern. Am 24.03. stieg ich in Feldkirch voll bepackt in den Zug. Ski bekommt man bei Peters Touren gestellt. Aber ich wollte ja noch weiter. Über München ging es nach Hamburg und dann im Nachtzug nach Stockholm, weiter nach Oslo wo ich nahe des Bahnhofs in einem Hostel übernachtete. Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Zug über Åndalsnes bis Sjøholt. Hier hätte ich auf den nächsten Bus drei Stunden warten müssen. Trampen war jedoch sehr einfach und für die letzten Kilometer holte Peter mich ab.


 

Das Hotel ist ein Traum und das Essen war üppig und fantastisch. Jeden Tag unternahmen wir mit der kleinen Gruppe von insgesamt fünf Leuten traumhafte Skitouren in bestem Pulverschnee. Da es in der Nacht meiner Ankunft große Flocken geschneit hatte, sahen wir uns nun in unverspurten Traumhängen soweit das Auge reichte. Ich war überwältigt. Wenn wir nachmittags zurück kehrten, wartete Chris, der Koch, bereits mit einer leckeren Suppe oder Waffeln auf. Alles vegan, extra für mich. Danach ging es zum Entspannen in die Dampfsauna mit weitläufigem Blick über die enge Schlucht durch die sich tosend ein teils eisbedeckter Bach seinen Weg bahnte. Weitab von jeglichem Trubel konnte man hier die Seele baumeln lassen. Allerdings war ich nicht ganz ausgelastet.

 




Ich blieb fünf Tage und machte mich dann allein auf den Weg. Sehr viele Gedanken über meine Destination hatte ich mir zuvor nicht gemacht, lieber wollte ich mir erst einmal vor Ort ein Bild machen. Alles andere ergibt sich von allein. Peter hatte verschiedene Karten von denen eine mir am besten gefiel. Sie reichte von unserem Aufenthaltsort nach Süden bis zur nächsten Straße nach Grotli und Billingen. Dazwischen liegt der Reinheimen NP mit seinen bis zu 1999 m hohen, teils vergletscherten Bergen und tiefen Schluchten. In gut zu bewältigenden Abständen liegen Selbstversorgerhütten eingebettet in wilden Tälern. Durch die Gletscher rundgeschliffen eignen sich viele Berge perfekt zur Skibegehung.

Mein Rucksack war gefüllt mit Schlafsack, Zelt, Isomatte, Kocher, warmer Kleidung und Essen für zehn Tage. Nun stellte ich fest, dass meine Gaskartusche schon fast leer war. Flüssiges Wasser würde es über 1000 m kaum geben. So ward die Idee geboren, einfach von Hütte zu Hütte zu gehen und in der zweiten Hälfte des Tages kleine Ausflüge auf die umliegenden Berg zu unternehmen.

Am ersten Tag des Monats April 2023 startete ich von Grønningsæter, nicht weit vom Hotel, wo Peter mich hinfuhr, auf 350 m Meereshöhe. Nach dem Schneefall vor fünf Tagen war das Land weiß bis hinan ans Fjord. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Alpen von dem weißen Zauber nicht viel abbekommen. Von der traurigen Schneearmut war hier im Norden nichts zu spüren. Bereits auf 1000 m wähnte man sich im höchsten Hochgebirge. Der Blick von einem der Gipfel auf 1200 m hätte auch von einem 4000er der Westalpen stammen können. Mein Weg folgte einem Tal hinauf entlang eines Bachlaufs. Links und rechts gesäumt von steilen Bergen. Schon lang schien hier niemand entlang gegangen zu sein. Auf einer Ebene zwischen zwei Seen auf 990 m traf ich auf die halb zugeschneite kleine, rot gestrichene Holzhütte Tjønnebu. 

 

Eine Stunde verbrachte ich mit Schneeschaufeln bis ich die Türen endlich frei hatte. In ihrem Inneren fand sich eine kleine Küche und insgesamt sieben Betten die zum Verweilen einluden. Lang war es hell, die letzten Sonnenstrahlen verloschen nicht vor halb zehn Uhr abends. Trotzdem war es auch tagsüber noch recht frisch. Die Temperaturen lagen bei minus zehn Grad und nachts bei minus zwanzig. Der Schneequalität kam dies sehr zu Gute und auf Grund der konstanten Verhältnisse musste man sich wegen der Lawinengefahr auch nicht stark krämen. In Tirol undenkbar nach dem Mittag noch auf einen Berg zu steigen konnte man hier getrost noch am späten Nachmittag aufbrechen. Die größte Schwierigkeit lag lediglich darin, sich für einen der zauberhaften Hügel zu entscheiden. Schon waren die Ski wieder angeschnallt und ich auf dem Weg hinauf über ideal geneigte Hänge zum Littlehornet, 450 m oberhalb der Hütte. Egal auf welchem Gipfel man angelangt, der Ausblick verschlägt einem den Atem. Ohne Wind im Sonnenschein war es sehr gemütlich dort hoch oben über dem Meer. Ich blieb eine Weile und war glücklich, privilegiert zu sein, diese Schönheit zu erleben. Ganz für mich allein.

 

Nach einer traumhaften Abfahrt beobachtete ich die Sonne, die sich langsam hinter die weiß gedeckten Hänge senkte.

 

Nicht weit hinauf ging es am nächsten Morgen. Ich hatte keinen Streß aufzustehen und blieb so lange liegen, bis die Sonne ihre wärmenden Strahlen auf die Berge warf und die Temperaturen sich auf ein für die Weiterreise angenehmes Maß eingepegelt hatten.

Über einen See gelangte ich zum Borrebotreset Pass bei 1180 m. Die Abfahrt sah auf der Karte besser aus als sie war. Im Vorhinein hatte ich mich gefreut, dass ich mit dem großen Rucksack keine steilen Hänge zu bewältigen hatte, doch dieser hier war sozusagen das Gegenteil. Entlang zweier weiterer Seen ging es eben Richtung Tal. Ich stieß auf eine Skidoo Spur. Hier schienen also doch Menschen unterwegs gewesen zu sein. Weit und breit war aber niemand zu sehen bis ich nach wenigen Stunden in der nächsten Hütte anlangte. In Vakkerstojlen auf 860 m waren drei Jungs die eine kleine Tour vom nächsten Ort aus hierher unternommen hatten. Ich legte meine Sachen ab und packte meinen kleinen, extra für diese Zwecke mitgebrachten Tagesrucksack. Es war noch zeitig und ich wollte den Tag nutzen. Nach Norden führte ein Tal zum 1806 m hohen Hånåddalstinden, dem höchsten Berg der Gegend. Auf der Karte hatte er gut machbar ausgesehen und nun sollte dieser Eindruck mit der Realität korreliert werden. Eine Steilstufe in abgeblasenem Schnee war zu überwinden aber selbst ohne Harscheisen nicht allzu schwierig. Weiter oben versuchten große Windgangeln mir das Aufsteigen zu erschweren, sodass ich für einige Höhenmeter die Ski auf den Rucksack schnallte. Die Mühe war es allemal wert. Die Abfahrt war, trotz der Steilheit und des harten Schnees, vergleichsweise einfach.

 



Auf der gegenüberliegenden Talseite stieg ich noch einmal bergan, um nicht den gleichen Weg zurück zu fahren, den ich gekommen war. Über den 1371 m hohen Halsen bahnte ich meine Abfahrt nach Vakkerstojlen zuletzt im Birkenslalom durch ein kleines Wäldchen.

Die Hütte liegt am Ostende eines langen Sees dessen Nordseite ich für sechs Kilometer folgen musste. Unterwegs traf ich sogar zwei Menschen mit Hund. Dann bog ich 140° Richtung Südwest in das nächste Tal dem ich bis zum Ende folgte. Bei der Hütte Pyttbua auf 1161 m angelangt, nahm ich ein wohlverdientes Schneebad. Es war warm, jedenfalls, solange die Sonne schien. Da seit meinem Aufbruch wolkenloser Himmel herrschte, genoss ich die warmen Strahlen und das erfrischende Bad. Wie es der Zufall immer so will, trifft man stundenlang niemanden, sobald man sich ans Alleinsein gewöhnt, taucht plötzlich aus dem Nichts jemand auf. Diesmal war es eine Familie. Ich zog mich schnell wieder an. Sie hatten meinen Fellbeutel gefunden der mir aus dem Rucksack gefallen sein musste. Nach einer kurzen Stärkung brach ich auf zum Puttega, mit 1999 m der höchste Berg des Nationalparks. Gleich mehrere Menschen kamen mir entgegen. Die Einheimischen genossen die freien Ostertage und unternahmen Familienausflüge zu den nahegelegenen Bergen. Kurze Smalltalks ließen mich im Aufstieg immer wieder innehalten. Ganz oben war ich dann doch allein. Von hier aus nahm ich einen der formschönsten Berge des Parks etwas weiter im Südosten genauer in Augenschein. Wie eine Pyramide erhob er sich zwischen den anderen. Schon auf der Karte war mir der Berg Karitinder aufgefallen. Mit seinen 1982 m der zweithöchste des Nationalparks. Richtung Westen war die Flanke so steil, dass kein Schnee auf ihr liegen blieb. Aber auch die von meinem Standpunkt aus einsehbare Nordseite schien sehr steil. Der Aufstieg führt über den seichteren Südwesthang. In zwei Tagen wollte ich dort sein, sofern das Wetter es zuließ. Für den Fall eines Wettereinbruchs hatte ich mir verschiedene Ausweichstrategien überlegt. Zur Anwendung kamen sie jedoch nicht. Wie glücklich muss man sich schätzen, neun Tage idealster Bedingungen in einer der schönsten Wildnisse Europas zu erleben?




 


Der nächste Morgen wartete mit kleinen Schäfchenwolken auf. Richtung Süden stieg ich an bis zu einer kleinen Ebene durch die sich ein Fluß aus Eis seinen Weg nach unten bahnte. Steile Felsstufen flankierten ihn weiter bergan. Um den Weg zu finden, wollte ich noch einmal einen Blick auf die Karte werfen. Nur konnte ich sie nicht finden. Etwas verfrüht folgte also meine erste Abfahrt des Tages. Da lag sie, auf dem Küchentisch der Hütte. Sehr hilfreich war sie für den bevorstehenden Wegabschnitt.

 


Nun musste man sich weiter links halten und hinauf steigen zum Pass Hellarhøa auf 1440 m der nun langsam in Sichtweite kam. Nur seicht ging es von hier bergab bis zum Tords Vatnet. Der See schien wie mit Milch gefüllt. Seine perfekte ebene Oberfläche zog sich sieben Kilometer Richtung Süden, vorbei an der geschlossenen Hütte Torsbu auf 1351 m. 

 


Eine gefühlte Ewigkeit folgte ich seinem Ufer. Kein Ton war zu hören außer dem Knirschen des Schnees unter meinen Ski. Hielt ich inne, war da nichts. Absolute Stille. Wie auf Wolken glitten meine Ski dahin bis es am Ende des Sees in einem leichten Rechtsbogen endlich bergab ging.

Auf 1080 m traf ich auf Tverråhytta. Zwei Hunde reckten neugierig ihre Köpfe in meine Richtung und ein Mann trat aus der kleinen Hütte. Zwei Freunde wollten hier ihre freien Ostertage verbringen. Ich schlug mein Zelt auf und stieg nochmals etwas über fünfhundert Meter bis auf das Vulueggi Hochplateau bergan. Die Abfahrt war nicht minder schön als sie von unten schien. Die beiden Männer luden mich zu Kaffee und Wein ein. Gegessen hatten sie schon und ich kochte wie gewohnt mein Abendmahl. Nun stellte sich heraus, dass der eine der beiden Chris’ Bruder vom Juvet Hotel war und bereits von mir gehört hatte. Welch ein Zufall hier mitten in der Wildnis Norwegens jemand „bekanntes“ zu treffen. Die beiden brachten mich von meinem ursprünglichen Plan, am Ende meiner Tour nach Grotli abzufahren, ab. Sie hatten im Billingen Farmers Hotel genächtigt und empfahlen dieses in höchst lobenden Tönen. Diesen netten Tipp nahm ich gern an und modifizierte entsprechend meine zuvor geplante Route. 

 


Ein wenig im Zickzack wurde der Nationalpark weiter erkundet. Nun ging es Richtung Nordwesten zur Veltdalshytta. Diese ist heutzutage ein Museum, auf 1170 m Meereshöhe gelegen. Eine wunderschöne, recht große, zur Zeit meiner Ankunft einsame, an einem großen Speichersee gelegene Hütte. Die kleine Fieldfarehytta schmiegt sich etwas mehr als einen Kilometer weiter westlich unter eine überhängende Felswand. Im Sommer erreicht man sie über einen Klettersteig von oben. Da hatte ich es etwas einfacher über den winterlich gefrorenen See zu gehen. Die Hütte wurde 1944 während der Besetzung Norwegens durch die Nazis gebaut. Deutsche Versorgungswege sollten attackiert werden und die Männer mussten sich in den Bergen verstecken. Die Hütte ist offen. Die vier Betten luden jedoch aktuell weniger zum Verweilen ein, da Schnee durch jede Ritze des kleinen Holzverschlags gedrungen war. Die Gasflasche war im Schnee eingemauert und der Herd nicht funktionsfähig. Außerdem gab es keine Toilette, jedenfalls konnte ich keine finden. Daher übernachtete ich diesmal in der großen, gemütlichen Hütte. Jedoch nicht, bevor ich nicht den formschönen Karitinder bestiegen hatte. Der Anstieg war nicht schwierig, aber auf Grund der großen Höhe von 1982 m der Schnee weiter oben stark verblasen. Auf den seichten Hängen denen ich im Anstieg folgte fanden sich einige Abfahrtspuren. Für meine Abfahrt wählte ich den etwas steileren Südhang der mich direkt in einen See führte. Hier war der Schnee so pulverweich und die umliegenden Hänge von solch unberührter Schönheit, dass ich nicht lang überlegte und gleich noch einmal aufstieg. Es war ein Traum diesem Hang bergab in den See zu folgen. Nach einem kleinen Gegenanstieg ging es bergab. Weiter über wunderbare Pulverhänge. 


 

Da das Wetter ja schließlich nicht für immer perfekt bleiben konnte, überraschte mich der 06. April mit einem zunehmenden Sturm. Hinauf zum Langfonna Pass bei 1580 m, vorbei an einem Gletschersee den ich neben einem großen Hängegletscher überquerte, nahm der Wind zu.

 


 


Auf der anderen Seite wurde es zunehmend ungemütlich, teils schwer auch nur aufrecht zu stehen. Vor mir fielen steile Felsabhänge in die Tiefe, egal wohin ich schaute. Der andere Weg sah auf der Karte sehr schwierig aus, daher hatte ich mich für die Passüberquerung in westlicher Richtung von der Hütte aus entschieden mit Abfahrt nach Nordwesten. Der Sturm bließ mir den Schnee ins Gesicht und nahm mir die Sicht. Ich entschied mich, einfach nach unten zu fahren. Bald aber fand ich mich oberhalb eines Eisfalls wider. Der weiche Schnee war davongefegt und nur noch hart gepresste Windgangeln übrig. Die Ski wurden wieder einmal auf meinem Rücken fixiert wo sie wie ein Segel den Wind einfingen. Viel einfacher war es so trotzdem nicht. Ein Stück lief ich nach oben, war mir aber unsicher ob der Weg, den ich von meinem vorherigen Standpunkt ausmachen konnte, wirklich eine gute Idee war. Es sah verdammt steil aus, wenigstens nicht felsig. Ich hielt inne und sah um mich. Auf der Karte war der Weg weit rechts eingezeichnet. Nun sah ich den schmalen Korridor auf dem entlang ich der Westflanke des Nausthornet folgen konnte. In dem Sturm und den nun viel schlechteren Schneeverhältnissen war der Weg trotzdem nicht einfach, aber nun doch gut zu bewältigen und sicher. Sogar Wegmarkierungen fand ich hier.

 


Sehr froh war ich, als ich endlich den Wald und die schon von Weitem sichtbare Hütte Reindalsseter auf dem tiefsten Punkt meiner Durchquerung erreichte. Dass diese abgeschlossen war, wusste ich aus dem Internet. Nur wenige Meter weiter gab es eine andere Hütte, Jacobseter, in der ich dachte, schlafen zu können.



Als ich unten angekommen war, sah ich zwei Hunde. Da waren auch zwei Menschen, eine Frau und ein Mann. Elisabeth gab mir einen Hüttenschlüssel und sagte, ich könne einfach schauen, wo ich schlafen wolle und solle nachher, wenn ihr Gefährte den Rückweg angetreten hatte, auf einen Wein vorbei kommen. Elisabeth war so alt wie ich und hatte eine eigene kleine Hütte hier in Reindalsseter. Sie war die Einzige, die hier im Winter gelegentlich Nächte verbrachte. Aktuell war sie zwei Wochen mit ihren beiden Jack Russel Brüdern hier, um der Zivilisation zu entkommen. Sie arbeitete, genau wie Chris Bruder den ich in der anderen Hütte getroffen hatte, für eine Ölkompanie. Sie aß nur Fleisch, aber trotz aller Gegensätze verstanden wir uns hervorragend und unterhielten uns bis spät in die Nacht. Heute hatte ich keine Eile, da ich bei diesen Wetterverhältnissen keinen Drang auf weitere Touren verspürte.  

Der nächste Tag hielt den längsten Anstieg der gesamten Tour bereit. Tausend Meter ging es, auf nun nicht mehr so fluffigem Schnee nach oben über Landversbreen nach Danskehytta auf 1420 m. Erneut überquerte ich einen großen Stausee, Vikvatnet. Seine Ränder waren teilweise aufgebrochen und blaues Eis blitzte hervor.

 
 


 

Die Hütte stand weit erhaben am rechten Ufer. Eine Gruppe von fünf Freunden, zweieinhalb Pärchen, hatte sich hier für osterliche Skitouren zwei Tage einquartiert. Darunter war auch ein Fotograf der wunderschöne Naturfotos machte die später die von ihm geschriebenen Wanderführer zierten. 


Ich unternahm eine kleine Tour auf einen 1668 m hohen Aussichtspunkt. Die abendliche Sonne und die Windstille ließen diesmal eine Reinigung ganz oben am Gipfel zu. Obwohl es zehn Grad unter Null waren, fühlte es sich warm an und das Schneebad war eine hervorragende Abkühlung.

 


 Den gleichen Stausee überquerte ich am Folgetag Richtung Südosten und gelangte durch einen Durchgang zwischen zwei Bergen zu einem weiteren See. Das Gelände fiel nun seicht nach Südosten ab. Abermals lief ich fünf Kilometer lang auf einer makellosen, milchschaumhaften Wasseroberfläche. Eine kleine, abgeschlossene Hütte passierte ich. Wahrscheinlich war es doch schon die, die ich auf der Karte gesehen hatte. Da ich sie aber weiter flußabwärts wähnte, ging ich weiter. Große Findlinge säumten nun den Rand eines gefrorenen, schneebedeckten Baches. Unter der überhängenden Wand eines dieser monströsen Felsbrocken schlug ich mein Zelt auf. So war es vor Wind, leider aber auch am nächsten Morgen vor Sonne geschützt. Meine letzte abendliche Skitour folgte über viele Kilometer dem Rücken des Krosshø bis auf 1805 m. Nicht der höchste Punkt, aber es dämmerte bereits und etwas Licht brauchte ich, mein weißes Zelt in der gleichfarbigen Landschaft wiederzufinden. 




Am 09.04. stand mir nun der letzte Anstieg bevor. Westlich ging es am Veslefjell vorbei über ein weitläufiges, seenreiches Hochplateau auf 1325 m. Meinen Rucksack setzte ich auf einen Fels und sah um mich. Wieder war es ganz still. Niemand da. Nur noch eine kurze Abfahrt trennte mich von Billingen. Eigentlich wollte ich gar nicht zurück. Diese Wintermärchenlandschaft hätte ich noch ewig genießen können. Ich fragte mich, ob ich hier im Norden leben wollte. Der Schnee ist perfekt und die meiste Zeit des Jahres Winter. Ich liebe Schnee und Kälte. Die Berge sind wild und einsam, nicht so überlaufen wie in Tirol. Aber ist es vielleicht ein wenig zu viel Idylle? Würde ich den Schnee immer noch so lieben, wenn ich ihn immer in meiner Nähe hätte. Wahrscheinlich werde ich es nicht herausfinden. Vier sich abwechselnde Jahreszeiten haben schließlich ihre Vorteile. Jede wartet mit anderen Herausforderungen auf. Es wird nicht langweilig.


 


Schweren Herzens schulterte ich wieder meinen Rucksack und machte mich nun an die etwas mühsame Abfahrt in südöstlicher Richtung. Es war etwas Bruchharsch und nicht leicht zu fahren. Leicht zu finden allerdings war der Ort unten an der von Weitem sichtbaren Straße und auch das Hotel das mir Frederik und Nikolas empfohlen hatten, BillingenSeterpensjonat, das Farmers Hotel. Der kleine Ort, liegt auf 800 m und war ebenfalls noch winterlich verziert. So konnte ich bis zur Straße mit Ski abfahren. 

 


Das gras- und moosgedeckte Holzhaus schmiegt sich an eine steile Schlucht dessen tosendes Wasser nicht komplett gefroren war. Obwohl die Inhaber nach einer anstrengenden Osterfeier für die nächsten Tage schließen wollten, blieben sie und verwöhnten mich mit reichlich veganen Köstlichkeiten und einem ebenso reichhaltigen Frühstück. Ich genoß die Dusche wie sonst selten und schlief wie ein Baby. Am nächsten Tag wurde ich sogar bis in den nächsten Ort gebracht. Da der Bus leider voll war und mich nicht mitnehmen konnte, trampte ich. Schon meine zweite Mitfahrgelegenheit fuhr den gesamten Weg nach Oslo nachdem er Ostern in seiner Heimat mit der Familie verbracht hatte. Die vielen Menschen in der Großstadt waren nun sehr gewöhungsbedürftig aber ich war glücklich in einem eigentlich schon geschlossenen veganem Restaurant ein köstliches Abendmahl zu erstehen. Am 11.04. ging es dann in aller Früh diesmal mit dem Bus weiter nach Süden und später erneut mit dem Nachtzug nach Hamburg.

Ein schöner Urlaub!

Eingestellt von Katrin

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