Norwegen - bike, hike, fly


Nun bin ich in Norwegen, mit dem Fahrrad. Die Idee dazu kam mir vor ca. zwei Jahren, als ich mit meinen Ski den Reinheimen NP durchquerte. Zum Laufen ist es irgendwie zu weit, also warum nicht mit dem Rad und den Gleitschirm auf den Gepæcktræger schnallen?
Seit acht Jahren nun lebt meine liebe Cousine Charlotte in Finnland, mittlerweile zu dritt. Ideal also, die Gelegenheit mit einem Besuch in Helsinki zu verknuepfen.
Von Vorarlberg ging es erstmal mit der Bahn ueber Halle nach Travemuende und von da mit der Faehre nach Helsinki.
Schon in unmittelbarer Naehe gibt es wunderschoene Seen.
 
Die Radtour wollte ich am Nordende Norwegens starten und bis dort mit oeffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Von Helsinki nimmt man dafuer den Zug nach Rovaniemi. Ich weiss es nicht mehr ganz genau, aber sehr teuer war es nicht, vielleicht 120 Euro inklusive Fahrrad fuer eine recht lange Strecke, ca. 9 Stunden. Dort wurde es dann zum erstem Mal nicht mehr dunkel nachts. Hier, an meinem ersten Nachtlager, unweit von Rovaniemi, kam ich kurz vor Mitternacht an. Es wimmelte von Muecken, aber mein neues MSR Zelt, nur das Innenzelt, schuetzte mich wirkungsvoll. Gleich nebenan war ein kleiner See und eine Quelle.
Mit dem Bus wollte ich weiter zum Nordkap. Das geht nicht direkt, ist aber kein Problem, das Rad unten in den Bus hineinzulegen, wenn man nett fragt. Die Preise fuer die oeffentlichen Verkehrsmittel sind erstaunlich guenstig. Bis Ivalo zahlte ich gemeinsam mit dem Rad nur ca. 25 Euro.

Von da aus wæren es dann mehrere Umstiege gewesen. Also beschloss ich, schon mal draufloszuradeln.

Schon bald plagte mich die unglaubliche Hitze. Sehr flach radelte ich entlang der idyllischsten Seen, die haeufig fuer Abkuehlung sorgten. 

Zum Glueck war auch nicht allzuviel Verkehr.
Auf der Bundesstrasse 92 dann, zwischen Inari und der norwegischen Grenzstadt Karigasniemi, stiess ich gluecklicherweise schon nach 20 km radeln auf ein super niedliches kleines Cafe am Strassenrand. Betrieben von einem jungen, ausgewanderten, franzoesischen Paerchen. 
Der Inhaber, selbst begeisterter Gleitschirmpilot, berichtete mir von einer Stelle, wo man super fliegen koenne, nur ca. 13 km landeinwærts, von einem 560 m hohen Huegel, den man allerdings von der Strasse aus nicht sah.

Auf halben Wege befindet sich diese kleine Huette. Gerade gross genug, dass man die Beine ausstrecken kann, wenn man nicht allzu lang ist. Hierin verbrachte ich die Nacht, da mich die staendige Helligkeit doch zu beuteln begann. Wahrscheinlich war es eher die Hitze, aber die kleine Auszeit kam mir doch recht gelegen. Nach nur einem kurzen Radeltag von gerade einmal 76 km, hatte ich schon einen steifen Nacken und Kopfschmerzen. Drei Tage lang war ich mir nicht sicher, ob ich vielleicht eine Meningitis haben koennte, aber wahrscheinlich war es nur meiner unglaublichen Hitzeintoleranz geschuldet, dass ich hier, im Land ohne Schatten, so an meine Grenzen stiess.
Jedenfalls, versuchte ich hartnaeckig von diesem Huegel aus zu starten, stellte die vergeblichen Versuche dann aber beim ersten Donner ein. Die Windboen waren einfach zu stark. Es begann dann nur leicht zu nieseln.


Wieder an der mini Huette angekommen, musste ich dann ersteinmal in stundenlanger Kleinarbeit meine zerzausten Leinen sortieren.
Nach einem Kaffee am naechsten Morgen ging es dann weiter
ueber die Grenze nach Norwegen.
Von dem kleinen Ort Karasjok nahm ich den Bus nach Olderfjord. Der naechste Bus direkt zum Nordkap fuhr in zehn Minuten. Da ich aber immer noch unter unheimlichen Kopfschmerzen litt, entschied ich, die Nacht dort am Strand zu verbringen und am naechsten Vormittag zu fahren. Auf die Art konnte ich dann wenigstens die Landschaft aus dem Fenster geniessen.

Eigentlich wollte ich noch die 2 km hoch zu einem kleinen See, blieb dann aber wegen Schwaeche am Meer. Auch schoen. Zu dem See machte ich mich am naechsten Morgen auf. Ein wenig Planschen hilft immer.

Am 27.07.2024 nachmittags gegen drei kam ich am Nordkap an. Auch hier sehr boeiger Wind. Ob das der Grund war, warum hier niemand flog, wusste ich nicht. Irgendwie hatte ich das Gefuehl, es waere nicht erlaubt, aber wer weiss. Probiert habe ich es jedenfalls nicht.

Dafuer machte ich mich auf zum wirklich noerdlichsten Punkt Europas, um dort die Nacht zu verbringen. Bei mindestens 40 Grad im Schatten, ohne jeglichen Schatten in Sicht, bereitete ich mich seelisch auf eine sonnige Nacht vor. Niemals Schatten! Nicht mal nachts.






Die Sonne erreichte nicht mal den Horizont, und dass Ende Juli.
Letztlich war dies aber doch das Ende meiner Qualen. Auf sonderbare Weise ging es mir ab Erreichen des Nordkaps besser. Also doch keine Meningitis. Welch Glueck! 

Rueckzu nahm ich nicht den offiziellen Weg und traf daher auf reichlich Einheimische.






Einmal versuchte sogar ein Entenpaar, mich zu atackieren. Mindestens zehnmal schossen beide abwechselnd auf mich herab. Beim ersten Mal verspuerte ich nur einen ploetzlichen Windhauch, gemeinsam mit dem Geraeusch eines Segelfliegers, der direkt neben dem Ohr entlang braust. Dann sah ich sie, v.a. die Fuesse, und warf mich reflexartig auf den Boden. Nachdem die Angriffe aber nicht endeten, beschloss ich, einfach weiter zu gehen. Schliesslich sind die Enten wesentlich bessere Flieger als ich und wuerden schon nicht kollidieren. Die beiden gaben sich redlich Muehe, mich zu verscheuchen, sie konnten ja nicht wissen, dass ich gar keine Eier esse.


Nach einer ganzen Weile erreichte ich wieder den offiziellen Wanderweg und traf dort einen Lemming. Er sagte nicht viel und verschwand gleich wieder.
An dieser Raststelle legte ich mich in den spaerlichen Schatten einer Bank, auf mein nahes Hitzeende eingestellt, als ploetzlich, als haette der Himmel mich erhoert, von Sueden her Wolken aufzogen.
Nach kurzer Weiterfahrt schon begann es zu schuetten wie aus Eimern und ich war erloest.
Lang regnete es nicht, vielleicht 20 min.
Von Honningsvag aus gehen die Faehren und alle Radfahrer des gesamten Nordkaps trafen sich an diesem Supermarkt, um aufzutanken.
Nur ein kleines Stueck oberhalb des Ortes gibt es diesen ueberaus idyllisch gelegenen Trinkwassersee.
Kein Mensch da. Ideal zum naechtigen. Es regnete die ganze Nacht. So schoen.
Am naechsten Morgen 6 Uhr ging die Faehre nach Hammerfest, der noerdlichsten Stadt der Welt. Ab nun waren die Temperaturen wirklich angenehm.
Allerdings die Landschaft nicht mehr ganz so fotogen.


Zeltplatz an einem Rastplatz direkt an der E6, die ich nun groesstenteils befahren werde. Hier waren auch noch andere Radfahrer untergekommen.

Manche Tunnel, von denen Norwegen unterhoehlt zu sein scheint, koennen auf kleineren Strassen umradelt werden. Nicht so dieser, dem ich hier ausgewichen bin. Es gibt verschiedene Tunnelkategorien, die einteilen, ob man hindurchradeln kann/darf/soll oder nicht. Bei einigen drueckt man als Radler einen roten Knopf, um seine Anwesenheit im Tunnel den Autofahrern mitzuteilen und sie aufmerksam zu machen. Als ich an diesen Abbruch gelangte, verstand ich, warum der letzte Tunnel fuer Radfahrer befahrbar war. 
Allerdings konnte ich da herum schieben. Unterwegs traf ich spaeter ein franzoesisches Radlerpaerchen, die mir den Tipp gaben, auf einer britischen Webseite nach den Tunnelkategorien zu sehen. Wirklich super Seite.
Nach meinem ersten kompletten Radeltag, fand ich mal wieder ein sehr idyllisches Nachtlager, hier am Strand bei Isnestoften, an der Nordspitze einer kleinen Halbinsel ein paar Kilometer noerdlich von Alta.












Der naechste Ort an dem ich vorbei kam war Burfjord
Und da es wieder sonnig war und auch noch frueh am Tag,

beschloss ich, den naechsten Huegel zu erklimmen und hinunter zu gleiten. Diesmal klappte es sogar.

Da ich dadurch etwas Radelzeit verlor, kam ich nicht ganz so weit wie urspruenglich geplant und verblieb die Nacht 

auf meinem bisher hoechsten Pass auf 400 m

Kvænangsfjellet Pass

In dem touristischen Oertchen Storslett, dem Eingang zum Reisa Nationalpark, hielt ich mich eine Weile in einem Cafe auf und kam auf die Idee, der E6 nicht weiter zu folgen, sondern nach Norden zu radeln, nach Skjervøy.
Ich wollte die Faehre zur Lyngen Halbinsel nehmen und stellte nun fest, dass diese nur einmal taeglich fuhr, abends. Fuer heute war sie bereits weg.












Dafuer fand ich mal wieder ein super idyllisches Nachtlager. Die Zwangspause haette ich gern zum Fliegen benutzt. Da es aber regnet, nutze ich die Gelegenheit, endlich mal meinen ersten Blogeintrag zu machen. Wie praktisch!

Nach einer Weile lukte pløtzlich die Sonne durchs Bibliotheksfenster. Zeit, nochmal schnell den Trollet, den Berg hinter dem Ort, hinaufzulaufen.





Eingestellt von Katrin

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