Kirgistan - suedliche Issyk Kul See Gegend - Skazka (fairytale) Canyon

 

Am Montag, dem 19.06. brachten mich Eliza und Roma zum Busbahnhof in Bishkek und sorgten dafuer, dass ich den richtigen Bus erwischte. Will man zur Suedseite des Issyk Kul Sees, muss man vom Busbahnohof West aus fahren. Alle 40 min gibt es einen Minibus dorthin. Auch der Fahrer war super freundlich und der Bus gar nicht so unbequem wie er aussah. Die Fahrt dauerte ca. fuenf Stunden, vielleicht waren es auch sechs. Es gab einen 20 min Zwischenstopp. Langsam hatte sich die Landschaft in huegelige Wueste verwandelt. Bis zum See selbst waren die Strassen noch sehr gut. Ab dort ist die Fahrbahn, die am Suedufer langfuehrt, streckenweise im Bau und es wurde teilweise ganz schoen holprig. Dafuer war dann die Einschlaftendenz geringer und ich konnte gespannt zum Fenster herausschauen. Zum Glueck hatte ich nun meine OSM offline Karte, der Fahrer hatte wohl vergessen, dass Eliza ihm ungefaehr zehnmal gesagt hatte, er solle mich in Barskoon herauslassen.

Die Temperaturen hier am See waren angenehm frisch. Mittlerweile war es schon Abend und noch ueber sechs Kilometer zum Hostel das nicht in der Ortsmitte, sondern bergnah am Suedende von Barskoon liegt. Auf der langen Strasse hielt aber sogleich das erste Auto und nahm mich bis zur Ortsmitte mit. Die Strassen waren ansonsten ziemlich leer, gesaeumt von kleinen, niedlichen Haeuschen hinter haesslichen Mauern erinnerte der Ort an die langgezogenen Doerfchen in Siebenbuergen. Dahinter ragen allerdings die hohen, schneebedeckten Gipfel auf.

Es war schon kurz vorm Dunkelwerden als ich, mit Hilfe eines Nachbarmaedchens, endlich das Hostel fand. Gerade wird ein grosses Gebaeude angebaut und es gibt ein huebsches, recht neues, jurtenfoermiges Gebaeude im Hof sowie dahinter ein kleines, schickes Haeuschen und zwei Jurten. Die Haeuschen wurden von einem franzoesichen und einem schottischen Paerchen bewohnt. Ich sollte mit im Haus der Familie schlafen und bekam ein mit bunten Teppichen ausgelegtes, kleines Zimmer mit zwei Betten. Leider liess sich das Fenster nicht oeffnen und die Bettdecke war so schwer, dass es nachts viel zu warm wurde, trotz der angenehmen Aussentemperaturen.

Es gab sogar noch Abendessen um neun Uhr. Leider waren die Kartoffeln in Gaensefett getunkt, sodass ich sie unmoeglich essen konnte. Es gab aber noch Brot und etwas Gemuese. Dank der Uebersetzungs App konnten wir uns auch einigermassen unterhalten waehrend ein heftiges Gewitter aufbrauste und die Verbindung abriss.

Fruehstueck gab es erst um neun, aber ich hatte keinen Stress. Fuer den Tag hatte ich mir vorgenommen, zumweinge Kilometer weiter westlich gelegenen Skarzka Canyon zu fahren und dort zu uebernachten. Roma hatte mir davon erzaehlt.

Fast schon war ich, nach stundenlangen Schlenderns zwischen Aprikosenhainen soweit das Auge reicht, an der Hauptstrasse, die am See entlangfuehrt angekommen, als unaufgefordert ein junger Mann mit Transporter stoppte. Er kam von Bishkek und versorgte einige kleine Tante Emma Laeden mit Waren und fuhr dann wieder nach Bishkek zurueck. So hatte ich gleich auch noch die Gelegenheit, ein paar weitere kleine Doerfchen zu besuchen. Teilweise reihten sich hier zerfallende mittelhohe Hochhaeuser mit verlassenen Spielplaetzen und fehlenden Fensterscheiben. An manchen Balkonen hing noch Waesche, also waren sie womoeglich nicht so verlassen wie sie wirkten.

Der Abzweig zum Canyon liegt direkt an der Kueste die mich zum Baden einlud bevor es in die Wueste gehen sollte. Roetliches, weiches Gestein und Sand bilden den Strand des glasklaren blauen Sees. Dank der warmen Wassertemperatur koennte man hier stundenlang schwimmen. Man wuerde meinen, das Wasser bedenkenlos trinken zu koennen, so klar ist es. Noch lange nachdem die Fuesschen den Boden nicht mehr erreichen, kann man bis zum Grund schauen. 

Nur 2,2 km geht es eine Strasse Richtung Sueden hinein, gekennzeichnet durch ein braunes Schild. Umgerechnet 50 Cent kostet der Eintritt. Auf dem Weg rauschten einige Autos an mir vorbei ueber die staubige Strasse. Ein Auto mit hellhaeutigen Insassen das gerade herausfuhr hielt ich an, um mich zu erkundigen, ob es die in der Karte eingezeichnete Quelle wirklich gab. Wenn nicht, haette ich ansonsten mit meiner 1 l Thermoskanne ein Problem gehabt. Die beiden kamen aus Australien und schenkten mir zweieinhalb Liter Wasser. Das sollte bis zum naechsten Tag reichen.

Der kleine, sandige Parkplatz war voller Autos, in kurzer Entfernung fanden sich drei rostige Wellblechplumpsklos, ein kleiner Stand mit Andenken und eine Jurte in der ein junger kirgisischer Mann schlief. In deren Schatten stellte ich meinen Rucksack, packte in dessen Kopf meine teegefuellte Thermoskanne und Schokolade und machte mich auf den Weg. Am Parkplatz zeigten eine schattenspendende Weide und blaue Lilien die Lage der Quelle an. Wenn man nicht aktiv nach ihr Ausschau haelt, dann wird man sie tatsaechlich nicht finden, aber sie ist da und es kommt auch klares Wasser heraus. Also brauchte ich mir auch fuer den folgenden Tag keine Sorgen zu machen.


Touristen unterschiedlichster Nationen waren hier anzutreffen. Eine Gruppe Englaender kletterte gerade auf der „chinesische Mauer“ genannten Sandformation umher. Die bunte, krotesk geformte Landschaft erinnerte ein wenig an die Badlands in South Dakota. Spitze, rote Tuermchen und Kleckerburgen wechselten sich streifenfoermig mit gelb-orange gemusterten, an Puddinghaeufchen erinnernde Huegel ab.

 





Dann ging die Landschaft langsam, ueber seichte, graeuliche, nur schwach mit kargen Pflaenzen bewachsene Huegel in immer gruener und hoeher werdende, immer noch sanfte Bergketten ueber auf deren obersten Kaemmen kleine Baumgruppen standen. Es war erstaunlich wieviele verschiedene Blueten man in der scheinbar toten Landschaft finden konnte, wenn man sie aufmerksam durchstreifte. Eigentlich hatte ich es nicht vor, aber irgendwie fuehrte mich der Weg nach oben auf die Berge.




Schon von den niedrigeren Huegeln aus hatte man einen phantastischen Blick auf den gigantischen Issykul See. Elf mal groesser als der Bodensee soll er sein und bis zu ueber 600 m tief. Das Auge des Tien Shan. Nord- und Suedseitig ragen die Berge bis zu ueber 5000 m auf. Erstaunlich ist auch, gerade hier in diesem Canyon, die Diversitaet der Landschaften auf recht engem Raum. Das kirgisische Meer, gleich daran anschliessend eine bizarre, bunte Wueste, nach sueden anschliessend die sanften Steppenberge, dann gruene, mich an das geliebte Allgaeu erinnernde, sanfte Huegel und dahinter die gletscherbedeckten Eis- und Felsriesen.

Beinahe noch erstaunlicher ist der Wechsel des Wetters. Wer denkt, in den Alpen wechsle das Wetter schnell, wird ueberrascht sein, wie, im wahrsten Sinne des Wortes, blitzartig, sich die Wetterwechsel in diesem Teil der Erde vollziehen.

Auf dem Kamm entlang naeherte ich mich dem Gipfel und war noch nicht ganz oben, als es schlagartig von strahlendem, erbarmungslosem Sonnenschein, ohne ein Woelklein am gesamten Himmel, umschlug in tief schwarze Bewoelkung, Blitz und Donner mit einem tobenden Sturm der mir die Regentropfen ins Gesicht schlug.

 



Fuer die urspruenglich kurz gedachte Wanderung hatte ich nur mein langaermliges Sonnenschutzhemd eingepackt. Gluecklicherweise hatte ich den Regenschutz fuer meinen Rucksack nicht ausgepackt und wickelte mich nun in ihn ein. Der Wind riss an ihm und versuchte, mir dieses notduerftige Kleidungsstueck zu entwenden. Richtig kalt war es geworden und ich beeilte mich, wieder nach unten zu gelangen, diesmal auf einem anderen Bergruecken entlang. Kaum war ich unten, hoerte der Sturm genauso schnell wie er gekommen war auch wieder auf. Die grauen Regenschleier verzogen sich in weite Ferne und liessen ihre Fahnen weiter westlich in den Issyk Kul See fallen. Rechts von mir erstrahlte nun ein Regenbogen in immer leuchtenderem Glanz.

 






Waermende Sonnenstrahlen trockneten schnell meine Kleidung und ehe ich wieder zurueck am Parkplatz war, war es auch schon wieder richtig warm. Durch die sandigen Kleckerburgen wandelnd suchte ich mein Schlafplaetzchen.

 



 

Etwas erhoeht sollte es liegen, um Sonnenunter- und -aufgang bestaunen zu koennen. Da fand ich auch schon bald ein ideales Plaetzchen. Ein paar kirgisische Touristen kletterten noch auf der chinesischen Mauer umher. Obwohl ich draussen schlafen wollte, baute ich mein Zelt auf, nun, da ich erfahren hatte, wie schnell das Wetter umschlagen kann. Waehrend ich mein Abendessen kochte erstrahlte die untergehende Sonne im westlichen Teil des Issykul Sees bis sie hinter den Bergriesen an dessen noerdlichen Ufer langsam versank. Nun waren auch die letzten Touristen gegangen und ich widmete mich noch ein wenig der Lektuere von „Meine Welt: mein Kirgistan“ von Kurt Lehmkuhl.








Gegen vier Uhr morgens weckte mich ein starker Wind, der drohte, mein Zelt zu entwenden, was mich in dessen Inneres umziehen liess. Bis mir die aufgehende Sonne ins Gesicht strahlte, schlief ich noch eine Stunde weiter. Bevor ich wieder aufbrach, goennte ich mir einen Kaffee. Heute hatte ich viel Zeit. Erst abends wollte ich wieder im Hostel sein. 





Meinen Rucksack stellte ich wieder an der Jurte ab und ruestete mich diesmal besser gegen ungeplante Wetterwechsel. Bis zur Baumgruppe, dem hoechsten Punkt der naechsten Bergkette, wollte ich von Westen her aufsteigen, dann ueber einen anderen Ruecken im Osten wieder herab und den Park einmal der Laenge nach durchqueren. 











Die Aussicht von oben war phantastisch. Der Blick in das Tal suedlich der Huegel erinnerte an die gruenen Wiesen im Allgaeu. Verschiedenste bunte Blumen wuchsen hier. Als ich schon wieder am Abstieg war, wiederholte sich das Wetterschauspiel vom Vortag, nicht ganz so heftig und nicht ganz so lang. Mit den richtigen Sachen ist es fast zum Lachen. Ploetzlich war ich eingehuellt von einer dichten grauen Wolke und wo ich eben noch ein Foto vom Tal mit den hohen Bergen dahinter machen wollte, war nun nichts mehr zu sehen als Grau.

 





Aber auch diese Regenfront zog rasch weiter, diesmal, ohne mir einen Regenbogen zu schenken. In Form von Plastikflaschen kuendigte sich das Wiedererreichen der Zivilisation an. Schon am Vortag hatte ich einige gesammelt, so auch heute. Bald erreichte ich den trocken sandigen Wasserlauf am Boden des Canyons und bog dann rechts ab, mich ueber die bunten Gestalten arbeitend bis zurueck zu meinem Rucksack. 

 





In einem Container entsorgte ich die Flaschen. Gerade hatte ich mich gefragt, ob diese ueberhaupt geleert werden. Jedenfalls fanden sich nur neuartig erscheinende Abfaelle darin, schon erblickte ich auf dem Weg zur Strasse zwei muellgefuellte Gruben. Auch auf dem Weg zum Ausgang sammelte ich so viel, dass ich es kaum tragen konnte, trotzdem muss man sagen, dass Kirgistan sauberer ist, als einige der wunderschoensten Ecken die ich in Suedamerika gesehen hatte. Vor Kurzem ist hier sogar ein Muellsortierungssystem eingefuehrt worden, wie Evgenii mir berichtet hatte. In wie weit das funktioniert ist mir allerdings schleierhaft, wenn man bedenkt, dass sogar Deutschlandlieber seinen Muell nach Asien verkauft, um ihn verbuddeln zu lassen, anstatt den ganzen Mist zu recykeln. Dazu ist es einfach zu viel. Das Beste ist immer noch, diesen Schrott gar nicht erst zu kaufen, aber komischerweise, stellt das fuer die Meisten doch ein Problem dar. Keiner kann sich mehr erinnern, dass es auch ohne Plastik geht.

Jedenfalls lief ich also aus dem Canyon heraus, nahm nochmals ein erfrischendes Bad in dem glasklaren, warmen Wasser des riesigen Sees und brach dann auf. 

 



Etwas oberhalb der Strasse, gleich neben dem Eingang zum Canyon, wird gerade eine neue Hotel-Jurtensiedlung gebaut. Hier genoss ich einen Kaffee als es wieder anfing leicht zu regnen. Auch auf der Rueckfahrt bekam ich sofort eine Mitfahrgelegenheit und war schon bald zurueck in Barskoon. Noch stattete ich dem kleinen, etwas verkommenen, muslimischen Friedhof einen Besuch ab. Viele Leute sind hier anscheinend sehr jung gestorben. Lieblose Grabhuegel sind von aufwendigen Grabsteinen geziert. Manche haben sogar kleine, kuppelgedeckte Lehmhaeuschen, an vielen prangt noch der Sowjetstern.

Meine Gastgeber waren nicht zu Hause als ich ankam, hatten mir aber eine Nachricht hinterlassen und super lecker und sehr viel veganes Gemuese mit Reis gekocht. Leider konnte ich den Eingang zu meinem Zimmer nicht oeffnen und anstatt an meinem Blog zu arbeiten sass ich auf der Veranda und las waehrend ich mir das leckere Essen schmecken liess.


Eingestellt von Katrin

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