Kirgistan - Ala Archa NP

 

 Bishkek

 Puenktlich auf die Minute verliess der erste Bus von Almaty nach Bishkek den Busbahnhof. Diesmal hatte ich einen etwas komfortableren Platz. Da ich all mein Gepaeck, also meine beiden grossen Begleiter, die zwei Rucksaecke bei mir hatte, fuhr ich mit dem Taxi zum Busbahnhof. Diesmal gab es zwar keinen Zwischenstopp, dafuer setzte nach einem erneut reibungslosen Grenzuebertritt der Bus auf der kirgischen Seite die Reise bis nach Bishkek fort. Ich hatte ganz vergessen, dass man sich nach Einreise in Kasachstan polizeilich melden soll. In Feldkirch hatte ich einen kasachischen Neurochirurgen kennengelernt, der mich nun, nach erfolgreichem Grenzuebertritt, daran erinnerte. Scheint wohl niemanden zu interessieren. Keiner hat etwas an meinem Pass auszusetzen gehabt. 

Puenktlich mittags um ein Uhr kam ich bei Evgenii und Eliza, Roma und Dasha (ihre beiden Kinder) an. Roma ist ein ueberaus talentierter, fast 19 jaehriger Junge der auf Grund des Auszugs aus Russland gerade dem Militaerdienst entkam und nun in Spanien Kunst studieren moechte. Gerade hat er einen Comickurs besucht und sehr beeindruckende Zeichnungen angefertigt. Hoffentlich kann ich irgendwann seinen Blog verlinken

Ohne Evgeniis Hilfe haette ich wahrscheinlich meinen Rechner im naechstbesten Hostel gelassen. Hier, mit dem guten WLAN, konnte ich nun endlich meinen Blog oeffnen, nur war die Symbolleiste in Hyroglyphen verfasst und ohne eine neue Formatierung haette ich es nicht nutzen koennen. Auch loeste er wie durch Magie das Problem, dass mein uralter Rechner die neue SD Karte meiner Kamera nicht lesen wollte und machte mich damit uebergluecklich.

Den Montag Nachmittag verbrachten wir mit einem kleinen Stadtbummel. Mehr noch als in Almaty erinnerte der hinreissende Charme der Sowjetarchitektur an meine Kindheit in der DDR. Bishkek ist bekannt als eine der gruensten Staede der frueheren UdSSR. Mitten im Zentrum befindet sich ein Wald der einen vergessen laesst, dass man sich gerade in einer Grossstadt befindet.

Nichts desto trotz wollte ich aus dieser entkommen und plante, ein paar Tage im nahe gelegenen Ala Archa NP zu verbringen. Noch dazu war es hier in der Stadt bereits unertraeglich heiss und ich erhoffte mir Abkuehlung etwas weiter oben.


Ala Archa

Die Uebersetzungsapp des Taxifahrers erleichterte die einstuendige Fahrt zum Park. Leider gibt es nur am Wochenende Busse. Gleichzeitig bedeutete das aber auch, dass im Park kaum Menschen unterwegs waren. Diesmal wollte ich in ein anderes Tal an dessen Ende sich eine Huette an einem idyllischen Gletschersee befindet. Da es keine Papierkarten der Region gibt, lud ich mir Open Street Map fuer die Region als Offline Karte auf mein Handy. Das erste Mal, dass ich mich mit dem Telefon navigieren sollte. Das heisst, die Navigationsfunktion brauchte ich nicht, nur die Karte selbst. Eigentlich wollte ich eine Runde laufen und ueber einen hohen, vergletscherten Pass in das Nachbartal absteigen. Diesen Plan gab ich allerdings schnell auf, da der Schnee so weich war, dass ich bei jedem Schritt mindestens bis zum Knie einsank, und das bereits ohne schweren Rucksack, und der Pass in Echt auch wesentlich steiler war als er auf der Karte erschien.

Da ich erst nachmittags losfuhr, ging ich an diesem sich langsam einregnenden Dienstag nur sechs Kilometer das Tal hinein bis zum Elektrocamp auf 3060 m. Es ist ein idyllischer Ort auf einer gruenen Wiese mit bunten Blumen an einem kleinen, sich dahin schlaengelnden Bach zu Fusse schroffer Felsspitzen. Weiter im Sueden konnte man schon die hohen vergletscherten Gipfel erahnen.

Im Outdoorladen in Almaty, uebrigens ein sehr gut ausgestatteter Laden mit nettem Personal, hatte ich mir von MSR einen kleinen Anzuender gekauft. Nur dummerweise funktionieren diese Dinger ab ca. 3000 m nicht mehr, was ich nun schmerzlich erfahren sollte und meine Streichhoelzer waren nass.  Dass das nicht funktioniert, hatte ich schon mal ausprobiert. Nun blieb mir nur, zu hoffen, dass sie nach ausreichender Trocknung den Dienst wieder aufnehmen wuerden.

Am naechsten Morgen brach ich zum Adygine Lake auf 3600 m auf. Unterwegs kam ich an blumengesaeumten kleinen Gletscherbaechen vorbei und bestieg langsam und muehsam meinen ersten kirgisischen Viertausender, den Elektro Peak mit 4079 m. Mein Rucksack wartete unterdessen unten im rosa Blumenmeer auf mich.


der erste Eindruck von oben war ueberwaeltigend
den Berg auf der linken Seite sollte ich die naechsten beiden Tage insgesamt zweimal besteigen, von unterschiedlichen Seiten, also im Endeffekt zwei verschiedene Aufstiegs- und zwei verschiedene Abstiegsrouten. Da ich seine Nordseite vom Elektropeak aus genau studieren konnte, wusste ich dann, welche die beste Route ueber den Gletscher ist.
Electro Camp. Die beiden Huetten waren verschlossen.
Jemand hatte sich grosse Muehe gegeben, im Camp eine Dusche zu installieren. Schaendlicherweise wurde sie als Muelleimer missbraucht.
Mein zu Hause an der Riesenbadewanne.




ganz rechts im Bild der Pass den ich urspruenglich zu ueberqueren gedacht hatte, mich dann aber umentschied auf Grund der schlechten Schneeverhaeltnisse und auch, da er wesentlich steiler ist, als er auf diesem Bild wirkt.

Mein Ziel fuer den zweiten Tag, 4235 m.



 Als ich nach langem ueber mehr oder weniger grosse Steine hopsen endlich im Camp ankam, war ich, obwohl es noch nicht sehr spaet war, fuer den Tag soweit geschafft, dass ich nur noch mein Zelt aufbaute und, nachdem auch meine Streichhoelzer getrocknet waren, mir endlich etwas zu Essen kochen konnte. Beim Entzuenden der kostbaren Hoelzchen war mir etwas bang zu Mute, aber es klappte, zum Glueck. 

Meine Akklimatiśierungstaktik erwies sich als sehr gut. Von meinem Lager aus hatte ich Zeit, stundenlang die umliegenden Viertausender zu beobachten und Plaene zu schmieden. Zwei davon studierte ich ausgiebig und entschloss mich, zunaechst den niedrigeren der beiden, der genau auf der gegenueberliegenden Seite des Sees lag, zu besteigen und je nach Wetter und Gefuehl ggf. noch den dem Elektropeak benachbarten 4300 m Berg. Mit den Augen ging ich alle moeglichen Varianten durch. Die runter geladen Karte brauchte ich hier dann eigentlich nicht.

Der 4300 m Berg sieht von dieser Seite auf jeden Fall sehr einfach aus. Suedseitig sind die Berge aper, auf der Nordseite fliessen grosse Gletscher hinab.
Zunaechst ging es ein kleines Stueck ueber diesen ebenen Gletscher. Nur leider war der Schnee so weich, dass ich mit jedem Schritt mindestens bis zum Knie einsank. Das kurze Stueck bis zum felsigen Kamm dauerte daher ewig.
Vom Bettchen aus konnte ich die Aufstiegsroute entlang des Kammes genau studieren.
Endlich oben. Trotz des leichteren Gepaecks dauerte es drei Stunden. Direkt hinter mir ging es hinab zu einem Sattel. Von diesem sollte ich dann Richtung Westen halb absteigen, um nicht den selben Weg zurueck zu gehen.

Von diesem Gipfel aus war der Uebergang zu dem anderen Berg wesentlich hindernissreicher. Von unten her aber konnte man die meisten Tuermchen umgehen. Ich stieg ein Stueck in das Tal links im Bild ab und dann wieder nach oben.

Schneefall und Sonne wechselten sich ab.
Rechts zwischen den Tuermchen ging es dann spaeter wieder hinauf.
Erstmal hinunter zu dem Sattel rechts im Bild.
Auf diesem schoenen Kamm entlang.
Endlich oben auf dem naechsten Kamm angekommen. Der Weg in der steilen Schneeflanke war sehr beschwerlich. Immer wieder blieb ich stecken und musste meine Füsse mit dem Eispickel wieder ausgraben.
Zum naechsten Gipfel hin wurde es dann recht einfach,
dafuer aber die Sicht schlecht, es schneite, windete und donnerte kurz. Richtung Norden war die Sicht gleich Null. Über den Gletscher hinab daher kein sicheres Unterfangen. Stattdessen waehlte ich die Route, die ich vom Camp aus gut hatte beobachten koennen und es es ging wesentlich leichter als gedacht. Einige Passagen konnte man gut im Schnee hinunterrutschen.

Unten angekommen schien die Sonne wieder. 

Da ich keine Sicht auf dem Gipfel hatte und mich nun, bei bescheidener Schneequalität gegen die Paßüberschreitung in das Nachbartal entschieden hatte, gedachte ich, den 4300 m Gipfel von der Ostseite erneut anzugehen und diesmal über den Nordhang wieder abzusteigen.

Adygine Peak is just 65 m higher, but I didn`t go there.
Es dauerte eine Weile, aber nach vier Stunden spaßigen Gekraxels war ich dann doch endlich auf dem Gipfel. Und es funktionierte, die Sicht war die ganze Zeit über phantastisch.


Über diesen Rücken ging es nach oben.

Unterwegs traf ich dieses kleine Bergmonster.

Das Camp von ganz weit oben.


Der Abstieg.
Die Ostseite des Adygine Peak.

Da unten wäre auch ein schönes Camp gewesen.

Nachdem ich nach endlosem Bolderhopsen wieder im Camp angekommen war und ein erfrischendes Bad genommen hatte, packte ich meine Sachen und machte mich an den Abstieg. Noch eine Nacht wollte ich in dem idyllischen Flußcamp verbringen und am nächsten Tag noch ein weiteres Tal erkunden.









Nein, ich hatte kein Höhenlungenödem, einfach nur Freude, wieder bunte Blümchen zu sehen.





sogar Edelweiß gibt es.

Ich stieg am nächsten Morgen weitere 400 m ab bis zur Kreuzung der beiden Wanderwege die ins Tal führen. Der Wanderweg in das Nachbartal begann dort an der Brücke. Bis dahin hatte ich die gesamte Zeit ueber keinen Menschen gesehen.

Zunaechst ging es auf diesem Ruecken entlang
Blick zurueck in das Adygine Tal
wilder Knocblauch ueberall.
Adygine Peak von Norden.

Ich ging nicht den offiziellen Weg, da dort sowieso kein Weg zu sehen war, sondern auf dem Kamm entlang. Der Gipfel ist 4060 m hoch und scheint sehr beliebt zu sein. Zuerst waren noch 15 Leute vor mir. Ich erreichte den Gipfel mit dem ersten. Es stellte sich heraus, dass es eine Wandergruppe aus Irkutzk war, ganz bunt zusammengewuerfelt, super freundliche Leute.

So konnte ich auch mal ein Bild von mir bekommen, ohne Selbstausloeser.
Adygine Peak, der prominenteste Berg weit und breit.
Und wieder begann es zu schneien. Meinen Rucksack hatte ich unten deponiert. Mit ihm leider auch meine Handschuhe.
Das Tal auf der anderen Seite.
Der Bergruecken auf dem Rueckweg.
Und wieder Bluemchen.

Dann ging es ins Regenbogenland.

Als ich die Strasse erreichte, regnete es wieder, diesmal mehr und fluessig. Einen Bus nach Bishkek konnte ich zunaechst nicht finden. Dann nahm mich eine Gruppe Wanderer mit, die eine gefuehrte Tour hatten. Geld wurde fuer diese nette Geste nicht angenommen.

Ein schoener Ausflug!

In Kirgistan sind die Laeden 24 h am Tag jeden Tag geoeffnet und ich konnte meine Besorgungen fuer die naechste Tour machen wobei mir Evgenii und Familie voll lieb halfen und mir Verbindungen nach Karakol und Osch organisierten. Meine Schuhe bedurften nun auch einiger Pflege und wir organisierten Schuhglue und Lederfett. Am naechsten Tag war eine Runde Klettern und Bouldern in der Smile Kletter- und Spielhalle angesagt. Ordentlich Austoben im klimatisierten Raum war optimal bei diesen bruetend heissen Temperaturen hier unten im Tal auf 800 m.









 


Eingestellt von Katrin

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